England mit der Europe

Die Teilnahme an der diesjährigen Youth European Championship (YEM) der Europes in England gestaltete sich schwieriger als zunächst erwartet. Nachdem ich die Qualifikation recht schnell geschafft hatte, konnte ich dieses Frühjahr wegen einer Knieverletzung fast zwei Monate nicht segeln. Ich hoffte, dass das Ostertraining am Gardasee ausreichen würde und ich auf meine bisherigen Erfahrungen zurückgreifen kann. Auf dem Weg zum Verladen gab es jedoch den nächsten Rückschlag: Wir hatten einen Unfall auf der Autobahn, bei dem mein Rumpf beschädigt wurde. Schlimmer noch, mein Mast zerbrach in drei Teile. Zum Glück stand in der Familie ein Ersatzboot bereit, doch das Gefühl fürs eigene Boot und die vertrauten Trimmeinstellungen waren natürlich weg. Zudem war der Ersatzmast viel zu hart für mein Gewicht, sodass ich zwei Wochen vor der Europameisterschaft alles auf Anfang setzen musste. Es blieb also spannend, was aus dem Ganzen werden würde…
Der offizielle Teil der YEM begann mit der Vermessung, die traditionell durch die deutsche Mannschaft erfolgt. Dabei erlebte ich eine neue Perspektive: Plötzlich stand ich auf der anderen Seite und musste prüfen, ob die Maße der Segel laut Klassenvorschrift passten. Zum Glück gab es an meinem Stand keine Beanstandungen und auch mein Boot kam ohne Probleme und zu meinem Erstaunen mit 0,0g Differenz zum Minimalgewicht durch die Vermessung.
Am ersten Tag auf dem Wasser erlebte ich dann eine große Enttäuschung. Bei 4 Windstärken, Böen und ordentlicher Welle aus dem Ärmelkanal hatte ich Schwierigkeiten meinen Rhythmus zu finden und der Trimm passte überhaupt nicht. Der harte Ersatzmast öffnete nicht wie gewohnt das Achterliek und der Druck konnte nicht aus dem Segel entweichen. Damit konnte ich trotz eines komplett flach getrimmten Segels das Boot nicht aufrecht halten und landete auf dem letzten Platz – eine Platzierung, die überhaupt nicht meinen Erwartungen entsprach. Mit vielen aufbauenden Tipps vom Trainer und anderen erfahrenen Seglern (manche Master bringen 30 Jahre und mehr Regattaerfahrung auf der Europe mit) ging es ans Anpassen des Bootstrimms. Mastfall runter und der Einsatz des Travellers weit über das gewohnte Maß hinaus brachten am zweiten Tag ein etwas weiter öffnendes Achterliek und der letzte Platz war zum Glück schnell passé. Der dritte Tag war aufgrund des extrem starken Winds nicht segelbar, was mir Zeit für weitere Überlegungen gab. Als nächstes wollte ich das alte Ersatzsegel ausprobieren, das ich eigentlich nur zum Notfall mitgenommen hatte. Und siehe da: Es passte wesentlich besser zu den Bedingungen und vor allem zur Mastbiegung des Ersatzmastes. Ab diesem Moment machte das Segeln dann wieder richtig Spaß, die Wellen ließen sich super surfen und ich konnte viele Plätze gutmachen. Am Ende des vierten Segeltages fuhr ich als drittbester (männlicher) deutscher Jugendlicher durchs Ziel und landete auf Platz 29 in der Gesamtwertung – eine Leistung, auf die ich bei meiner ersten Europameisterschaft wirklich stolz bin.
Das Revier Ärmelkanal ist wunderschön, aber auch äußerst herausfordernd: Auf der einen Seite gibt es glasklares Wasser, eine traumhafte Lage des Segelclubs und mit etwas Glück kann man sogar Delfine sichten. Dem standen jedoch Windstärken ab 4 bft, ständig wechselnde Gezeitenströmungen und Wellen aus dem englischen Kanal entgegen. Bedingungen, die wir als Binnensegler so nun wirklich nicht oft haben. Für die nächste EM werde ich mir wohl etwas einfallen lassen müssen, um mich besser auf solche Bedingungen vorzubereiten.
Die Woche ging viel zu schnell vorüber und war geprägt von einem tollen Miteinander der Segler, Betreuer und Eltern. Neben dem Segeln gab es ein abwechslungsreiches Rahmenprogramm mit englischem BBQ, Liveband und Tombola. Besonders freue ich mich über ein Bild, das ich bei der Tombola gewonnen habe: Es wurde von einer Europe-Seglerin gemalt und von vielen Teilnehmern aus den verschiedenen Ländern unterschrieben. Das Bild wird einen Ehrenplatz in meinem Zimmer bekommen.

Da wir nun schon einmal in England waren, haben wir im Anschluss London und die englische Südküste erkundet. Ein für mich überraschend schönes Land und ich kann nun so mach schaurige Geschichte von den schroffen Felsen an der Küste und den einsamen Landschaften nachvollziehen.

Erlebt und aufgeschrieben von Janko Dietz (GER 125)

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